(Thich Nath Hanh)
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Geh in Gedanken den heutigen Tag oder die letzten paar Tage durch. Da wird dir wahrscheinlich irgend etwas passiert sein. Hat dich ein Kollege geärgert, bist beim Schwarzfahren erwischt worden, hast etwas verlegt,... irgend ein kleines Hoppala.
Wenn du dich daran erinnerst bist du nicht im Hier und Jetzt. Für diese Übung ist das jetzt OK. Nimm wahr dass du nicht im Hier und Jetzt bist.
Wenn du dich daran erinnerst, kommen Gefühle auf. Ärger, Verlegenheit, Traurigkeit,... Vielleicht ein Widerstand dich zu erinnern, du möchtest vielleicht gleich wieder an etwas anderes denken. Oder es abschwächen ... war eh nicht so schlimm.
Es kommen nicht nur Gefühle sondern auch Gedanken auf. Was noch alles hätte passieren können, was in einer ähnlichen Situation passiert ist, wie du es hättest verhindern können, wie du es in Zukunft verhindern wirst. Das ist gut und richtig, Pleiten Pech und Pannen können wir nützen um zu lernen.
Wir können sie aber auch anders nützen.
Lass diese Gedanken los und lass dich auf die Gefühle ein, die mit der Erinnerung kommen. Erlaube dir, Ärger, Verlegenheit, Traurigkeit,... zu spüren. Es sind unangenehme Gefühle, aber Gefühle, DEINE Gefühle. Es berührt dich, lass dich berühren.
Wie fühlt es sich an, sich berühren zu lassen? Was ist daran Unangenehme? Ist das Unangenehme hauptsächlich dein Widerstand? Du kannst dir jetzt, rückblickend, den Luxus leisten diesen Widerstand für einen Moment aufzugeben. Ärger, Verlegenheit, Traurigkeit,... was gerade da ist, DARF SEIN. Ist das entspannend? Genieße diese Ent-spann-ung. (interessant dass dieses Wort nur über sein Gegenteil definiert ist. Vielleicht passt etwas wie "Friede" oder "Zufriedenheit" besser)
Viel lieber erinnern wir uns an angenehme Dinge. Geh in Gedanken den heutigen Tag oder die letzten paar Tage durch. Wie fühlt es sich an, in die Vergangenheit zu einem schönen Erlebnis zu gehen?
Welche Gedanken kommen jetzt auf? Wahrscheinlich so ähnlich wie: Was kann ich machen damit ich es wieder bekomme? Was wäre noch drin gewesen? Wie bekomme ich das nächste Mal noch mehr? Stehen dir diese Gedanken im Weg, dich von den angenehmen Gefühlen wieder berühren zu lassen? Dann lass auch diese Gedanken los und lass dich wirklich berühren. Dann spürst es wieder.
Auf deiner Reise durch die Zeit kommst du auch in die Zukunft. Erfahrungen aus der Vergangenheit werden das beeinflussen was du in der Zukunft tun wirst, das nennt man Lernen. Wir leben nicht spontan in den Tag hinein sondern wir planen. Natürlich ist es gut und richtig, zu lernen und zu planen.
Nicht nur Gedanken kommen auf, sondern auch Gefühle. Gefühle, die aus der Vergangenheit in die Zukunft projizieren, sind die Gegenspieler Hoffnung und Angst. Aber jetzt, in der Meditation, mach ein Pause. Vertrau darauf dass du gut geplant hast und dass das, was du nicht geplant hast, auch ohne dein Zutun läuft. Wie fühlt sich dieses Vertrauen, diese Hingabe an?
Die Vergangenheit kannst du nicht ändern und die Zukunft kommt wahrscheinlich sowieso anders als du es dir denkst. Physiker und Philosophen zerbrechen sich den Kopf darüber warum das so ist, aber für uns ist es ohne Belang.
Nach deiner Reise in die Vergangenheit und in die Zukunft komm zurück in den Augenblick. Alles was in Zukunft und Vergangenheit liegt, und das ist genau genommen ALLES, entlässt du aus deiner Aufmerksamkeit. Dann lässt sich nichts mehr sinnvolles denken, da trittst du in einen Raum der hinter den Gedanken und sogar noch hinter den Gefühlen liegt.
Einen Gongschlag oder ähnlichen Ton kann man benutzen, um in die Gedankenstille zu kommen. Wenn der Ton erklingt konzentrierst du dich auf den Ton. Ganz konzentriert, es gibt nur diesen einen Gedanken. Wie der Ton verklingt, verklingt auch dieser eine Gedanke.
--Gong--
Du weißt wahrscheinlich nicht einmal wie lange du in diesem Raum der Leere und der Stille warst, wahrscheinlich war es nur einen winzigen Moment lang, dann hat dich der Strom von Gefühlen und Gedanken wieder fortgerissen. Mir geht es jedenfalls so. Macht nichts, nimm auch das Fortreißen wahr und nimm es an. Genau genommen merkst du erst daran, dass du im Augenblick warst. Und wenn es dir gar nicht gelungen ist, in den Augenblick zu kommen, dann nimm auch das an, denn das kann man es nicht herbeiführen. Es wird einmal gelingen.