Es ist leichter, die Menschen zu täuschen, als sie davon zu überzeugen dass sie getäuscht worden sind.

(Mark Twain zugeschrieben)

Frau Freise hatte in einem Artikel die Aussage von Dr. Bernhard Kutzler zitiert dass man mit Hilfe der Quantenphysik immer einen freien Parkplatz finde. Außerdem gebe es ein Naturgesetz das besage dass Krebs nicht heilbar sei, aber glücklicherweise gelten Naturgesetze nur wenn man davon indoktriniert sei. Für Fragen oder Stellungnahmen zu diesen Aussagen verwies sie mich an ihn persönlich.

Er ist Mathematiker, schimpft auf Kinslow und Chopra, und meint es besser zu wissen als alle Quantenphysiker und alle anderen Quantenheiler. Ich habe mich lange mit ihm angeregt unterhalten. Ich war schon fast so weit dass ich sein Buch gekauft hätte.

Er schlug mir vor, mich mit der Relativitätstheorie von Charon zu beschäftigen. Diese sei besser als die Relativitätstheorie von Einstein und würde es ermöglichen übernatürliches zu erklären. Ich war nicht abgeneigt, wollte aber erst einmal folgendes wissen: Die Relativitätstheorie von Einstein ist ja experimentell extrem gut bestätigt, ist die Relativitätstheorie von Charon ebenfalls experimentell bestätigt? Seine Antwort: das weiß er nicht und das interessiert ihn nicht. Das ist aber die Grundbedingung die eine physikalische Theorie erfüllen muss und darum habe ich mich nicht weiter damit beschäftigt.

Ich fragte ihn ob es empirisch belegt sei dass man mit Hilfe von Quantenphysik einen freien Parkplatz findet. Es ist aus der alltäglichen Erfahrung (also ohne Quantenphysik) klar dass jemand der davon überzeugt ist dass er einen Parkplatz zu finden wird, bei der Parkplatzsuche mehr Erfolg haben wird als jemand der daran zweifelt. Er wird überhaupt mit dem Auto statt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem Taxi fahren, er wird die Suche nicht so leicht aufgeben, er wird versuchen sich in eine enge Parklücke hinein zu zwängen was er andernfalls gar nicht versuchen würde, etc. Ich fragte also, ob diese Einflüsse berücksichtigt wurden. Seine Antwort: Das sei nicht möglich, da es sich um ein außer-natürliches Phänomen handle. Mich beeindruckte diese Antwort keineswegs, schließlich behandelt Quantenphysik ausschließlich natürliche Phänomene und keine außer-natürlichen Phänomene.

Auch Quantenheilung sei nicht wissenschaftlich zu belegen weil sie ein außernatürlicher Vorgang sei (Quantenheiler scheuen eine Überprüfung wie der Teufel das Weihwasser).

Nun, die Krankheit ist ein natürliches Phänomen, der hoffentlich geheilte Mensch ist ebenfalls von dieser Welt, das Geld das der Quantenheiler kassiert ist nicht außernatürlich, also müsste meiner Meinung nach selbst das Außernatürliche seinen Niederschlag in etwas objektiv und quantitativ messbarem finden.

Wenn sich sogar rosa Elefanten aus der "Quantenwelt" "materialisieren" sollen, demnach also objektiv feststellbar sein müssten....

Das hat er akzeptiert.

Ich habe die Unterhaltung beendet als er mir "die Essenz der Quantenheilung" verriet:
Er zitierte Zeilinger's Aussage in diesem Artikel, wonach man sich verschränkte Photonen so vorstellen könne wie ein Mensch der erst durch das Betrachten rot- oder schwarz-haarig werde. Und so wie er rot- oder schwarz-haarig werde, so werde er auch gesund oder krank, erklärte Kutzler. Gesundheit bzw. Krankheit seien demnach Quanteneigenschaften. Allerdings steht in dem Artikel dass es sich nur um einen bildhaften Vergleich handelt. Das konnte oder wollte er nicht begreifen, ich habe erfolglos versucht ihn darauf hinzuweisen. (Ich zitiere diese Unterhaltung mit seiner ausdrücklichen Erlaubnis)

Die Essenz der Quantenheilung ist also ein völliges Missverständnis der Quantenphysik.


Jahre später (2016), ich bin im Buch "Einsteins Spuk" von Anton Zeilinger wieder auf die Zwillings-Geschichte gestoßen. Zeilinger benutzt auch hier den Vergleich mit Zwillingen um verschränkte Photonen zu erklären, er erklärt aber auch den fundamentalen Unterschied zwischen Zwillingen und verschränkten Photonen.

Kurz gefasst:
Bei "Messungen" an Zwillingen gilt die Bell'sche Ungleichung, bei Messungen an verschränkten Photonen wird sie verletzt. Die Bell'sche Ungleichung entscheidet ob sich ein System mit einer lokal realistischen Theorie beschreiben lässt oder nicht. Es war im Artikel schon angedeutet, Zwillinge sind etwas fundamental anderes als Photonen. Ob ein Photon vertikal oder horizontal polarisiert ist, entscheidet sich bei der Beobachtung. Rot- oder schwarzhaarig, gesund oder krank wird man eben nicht durch die Beobachtung.

Ich schreibe eine mail an Bernhard, ob er sich noch an unsere damalige Diskussion erinnert.

Seine Antwort hat mich verblüfft:

Hallo Martin,

Ist schon Jahre her ...

Ich hab’ mich vor zwei Jahren von allem verabschiedet – inkl Quantenheilung – und mich auf eine besondere Reise begeben. Details siehe meine neue Webseite.

Quantenheilung ist Illusion – wie vieles andere auch.

Gute Zeit!

Herzlich grüßt Bernhard

Seine neue Website ist hier: http://www.bernhardkutzler.com/
Spiritualität ohne Quantenunsinn - da bin ich dabei!